Die Doktorin der Geschichtswissenschaften, die führende wissenschaftliche Mitarbeiterin des Russischen Ethnographischen Museums Tatjana Emeljanenko, teilte ihre Meinung über das Zentrum für Islamische Zivilisation Usbekistans mit.
— Sie beobachten die Kulturpolitik Usbekistans schon lange. Was ist Ihrer Meinung nach ihre Besonderheit?
— Es ist ein langfristiger und konsequenter Kurs auf kulturelle Entwicklung und Präsentation des Landes. Schon seit mehreren Jahren, wohl etwa einem Jahrzehnt, zeigt Usbekistan sich systematisch auf der internationalen Bühne von den besten Seiten seiner Geschichte und des modernen Kulturlebens.
— Worin zeigt sich diese Systematik?
— In großen, über Jahre laufenden Projekten. Das sind die Herausgabe von Alben der Serie „Kulturerbe Usbekistans in Sammlungen der Welt“, die Durchführung von Kongressen, die Einladung von Fachleuten aus der ganzen Welt. Ja, das ist teuer, aber es vereint Menschen, die die lokale Kultur aufrichtig lieben und erforschen. Das Ergebnis ist hohe internationale Autorität. Ich bin in diesem Prozess seit 2015 und sehe ein stabiles Wachstum der Qualität.
— Über das neue Zentrum für Islamische Zivilisation wurde viel gesprochen...
— Die Gespräche liefen schon lange. Noch im letzten Jahr, als man uns im Rahmen des Kongresses in das Gebäude brachte, war dort ein Bauschutt. Auf dem Kongress selbst traten die Autoren des Konzepts des künftigen Zentrums auf – damals war es sehr roh. Das verstanden alle und man vereinbarte, es ernsthaft zu überarbeiten. Niemand erwartete, dass es in so kurzer Zeit gelingen würde, es so gut zu machen.
— Was genau ist „gut“? Architektur, Ausstellung, Technologien?
— Vor allem die inhaltliche Füllung und die Museumstechnologien. Ich bin Museumsfachfrau und kann sagen: Die multimedialen Lösungen sind großartig, davon träumen wir in Russland oft nur. Ein wichtiger Vorteil ist die Ausrichtung auf die Kinderbildung: Säle, Ausstellungen, Darstellungsweisen dienen der Aufklärung. Wenn man ein starkes Land will, muss man die Bildung stärken. Hier spürt man das in jedem Detail.
— Gibt es etwas, das Sie beunruhigt hat?
— Ich fürchtete, es würde „Tand“ geben: Glanz ohne Inhalt. Aber glücklicherweise geschah das Gegenteil – Schönheit verband sich mit Sinn. Wir erwarten eine Ausstellung über die Khanate, die in den Übergangsräumen – in den Korridoren zwischen den Museumssälen – geplant ist.
— Kann man diese Zeit vielleicht als Niedergang nach der Renaissance der Timuriden bezeichnen?
— Es ist wichtig, keine Etiketten wie „Niedergang” zu vergeben. Nach dem Zerfall des Reiches (man denke an Timur, Schahrukh und später an Ulugbek) entstanden die Khanate Buchara, Chiwa und Kokand. Sie „verschlossen“ sich weitgehend, verstärkten ihre lokalen Besonderheiten und reduzierten ihre Kontakte, unter anderem auch zu der iranischen Welt, zu der sie historisch gehörten.
— Lässt sich diese „Verschlossenheit“ irgendwie anhand von Gegenständen erkennen?
— Ja. Genau deshalb unterscheiden wir heute sicher „chiwa“-, „kokand“-, „buchara“-Kostüme – nach Schnitt, Stoffen, Ornamenten, Schmuck. Wenn man auf Miniaturen aus Buchara oder Herat schaut, sieht man, wie mit der Zeit in der Kleidung die „ballonartige“ Form in den Vordergrund tritt – das türkische Element beginnt visuell das frühere iranische zu dominieren. Nach originalen Kostümen der Epoche zu urteilen ist schwierig – sie sind kaum erhalten, aber die Ikonographie zeigt es.
— Zurück zum Zentrum: Wie würden Sie seinen konzeptionellen Wert formulieren?
— Der Islam wird nicht als „nur Religion“ dargestellt, sondern als zivilisatorische Erfahrung vieler Völker über Jahrhunderte. Wichtig ist, dass das Zentrum vorherige Kulturschichten nicht „löscht“ – markiert nicht, beispielsweise, Zoroastrismus als „Ketzerei“, sondern zeigt Kontinuität: Der Islam absorbierte vieles von dem, was vor ihm war. Einen solchen Ansatz halte ich für methodologisch richtig.
— Ihr Fazit in einem Absatz?
— Usbekistan investiert konsequent in die kulturelle „Schaufenster“ und Expertencommunities, wodurch seine internationale Autorität wächst. Das Zentrum für Islamische Zivilisation ist ein deutlicher Schritt nach vorn: starke Technologien, kompetente Bildungsorientierung und die richtige Idee der kulturellen Kontinuität. Die Aufgabe der nahen Zukunft ist es, die wissenschaftliche Verifikation „komplexer“ Exponate zu perfektionieren. Dann wird das Projekt nicht nur in der Form, sondern auch im Beweisniveau vorbildlich.
ℹ️Das Forum „Das Erbe der großen Vergangenheit – Grundlage einer aufgeklärten Zukunft“ wurde auf Initiative von Shavkat Mirziyoyev organisiert. An der Veranstaltung nahmen über 200 Wissenschaftler und Experten aus mehr als 20 Ländern der Welt teil. Als Fachleute traten Vertreter nationaler und internationaler wissenschaftlicher Organisationen auf, darunter TÜRKSOY, ISESCO, IRCICA und Al-Furqan.
ℹ️ Das Zentrum für Islamische Zivilisation entsteht neben dem Hast-Imam-Komplex. Das Gebäude des Zentrums wurde im Stil antiker Baudenkmäler errichtet – mit vier Portalen von je 34 Metern Höhe und einer zentralen Kuppel von 65 Metern. Vorgesehen sind hier ein Koran-Saal, ein Konferenzsaal mit 460 Plätzen sowie ein Museum, dessen Ausstellungen die gesamte Geschichte Usbekistans – von vorislamischer Zeit bis in die Gegenwart – umfassen. Das Zentrum soll zu einer Plattform für die Erforschung des Erbes der Vorfahren und dessen zeitgemäße Interpretation werden, in Zusammenarbeit mit der Islamischen Internationalen Akademie Usbekistans und einschlägigen wissenschaftlich-pädagogischen Zentren aus aller Welt.
 
	 
			 
			 
			 
			 
			 
			


